Die verborgene Wirklichkeit by B Greene

Die verborgene Wirklichkeit by B Greene

Autor:B Greene [Greene, B]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi


Quantenwirklichkeit

Im Jahr 1954, fast dreißig Jahre nachdem Wissenschaftskoryphäen wie Niels Bohr, Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger die Grundlagen der Quantentheorie formuliert hatten, gelangte Hugh Everett III., ein unbekannter Doktorand an der Princeton University, zu einer verblüffenden Erkenntnis. Seine Analyse konzentrierte sich auf ein gähnendes Loch, um das Bohr, der Großmeister der Quantenmechanik, immer herumgetanzt war, ohne es füllen zu können. Everett zeigte, dass die Theorie, richtig verstanden, ein gewaltiges Netzwerk aus Paralleluniversen voraussetzte. Damit hatte er als einer der Ersten eine mathematisch motivierte Erkenntnis gewonnen, die darauf schließen ließ, dass wir Teil eines Multiversums sein könnten.

Everetts Ansatz, der später als Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik bezeichnet wurde, machte eine wechselvolle Geschichte durch. Im Januar 1956 reichte Everett, der mittlerweile die mathematischen Folgerungen aus seiner neuen Idee ausgearbeitet hatte, bei seinem Doktorvater John Wheeler einen Entwurf seiner Dissertation ein. Wheeler, ein hochgeschätzter Denker in der Physik des zwanzigsten Jahrhunderts, war zutiefst beeindruckt. Als Wheeler im Mai des gleichen Jahres bei Bohr in Kopenhagen war und mit ihm über Everetts Ideen sprach, traf er jedoch auf eisige Ablehnung. Bohr und seine Anhänger hatten Jahrzehnte darauf verwendet, sich mit den Konsequenzen der Quantenmechanik auseinanderzusetzen. In ihren Augen waren die Fragen, die Everett aufgeworfen, und die ungewöhnlichen Methoden, die er entwickelt hatte, um auf diese Fragen einzugehen, wenig verdienstvoll.

Wheeler hatte eine sehr hohe Meinung von Bohr und legte deshalb besonderen Wert darauf, den älteren Kollegen zu besänftigen. Als Reaktion auf die Kritik verlieh er seinem Doktoranden zunächst noch nicht den Titel, sondern veranlasste ihn, seine Dissertation umfassend zu ändern. Everett sollte die Teile streichen, in denen er Bohrs Methoden rundheraus kritisierte, und stattdessen betonen, dass er mit seinen Ergebnissen die herkömmliche Formulierung der Quantentheorie klarer fassen und erweitern wolle. Everett widersetzte sich, hatte aber bereits eine Stelle beim Verteidigungsministerium angenommen (wo er wenig später hinter den Kulissen eine wichtige Rolle für die Atomwaffenpolitik der Regierungen unter Eisenhower und Kennedy spielen sollte), und die setzte eine Promotion voraus. Also fügte er sich schließlich. Im März 1957 reichte Everett eine beträchtlich abgespeckte Version seiner ursprünglichen Dissertation ein; im April wurde sie von der Princeton University angenommen, und im Juli in der Fachzeitschrift Reviews of Modern Physics veröffentlicht.1 Aber da Bohr und sein Gefolge Everetts quantentheoretischen Ansatz bereits abgetan hatten und die umfassendere Vision, die er in seiner ursprünglichen Arbeit entwickelt hatte, in der überarbeiteten Version nur noch durchschimmerte, wurde der Artikel in der Fachwelt kaum zur Kenntnis genommen.2

Zehn Jahre später entriss der angesehene Physiker Bryce De Witt Everetts Arbeit der Vergessenheit. Angeregt von Ergebnissen seines Doktoranden Neill Graham, der Everetts mathematischen Formalismus weiterentwickelt hatte, wurde De Witt zu einem lautstarken Fürsprecher von Everetts Neuformulierung der Quantentheorie. Er schrieb nicht nur eine Reihe von Fachartikeln, mit denen er Everetts Erkenntnisse einem kleinen, aber einflussreichen Kreis von Spezialisten erschloss, sondern verfasste 1970 in der Zeitschrift Physics Today auch eine allgemeiner verständliche Zusammenfassung, die ein viel größeres wissenschaftliches Publikum erreichte. Und im Gegensatz zu Everett, der 1957 in seinem Aufsatz vor jeder Erwähnung anderer Welten zurückgeschreckt war, betonte De Witt ausdrücklich



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